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Periprothetische Infektionen
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- vor einem Monat zuletzt von Sandra Fuhrmann bearbeitet
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Kapitelinformationen | |
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Stand: | März 2022 |
Kapitelleitung: | Norma Jung |
Autor:innen: | Rika Draenert, Norma Jung, Anna Philine Karl, Katrin Kösters, Franka Lestin-Bernstein, Christina Otto-Lambertz |
Reviewer:innen: | Sören Becker |
Beteiligte Fachgesellschaften: | ![]() |
Feedback: | Mitwirken |
Eine periimplantäre Infektion bezeichnet die Infektion des periimplantären Gewebes eines in den Körper eingebrachten Kunstgelenks (z. B. Hüfte, Knie, Ellenbogen, Sprunggelenk).
Die Infektion kann perioperativ, per continuitatem bei benachbarter Haut-/Weichteilinfektion oder hämatogen entstehen.
Man unterscheidet zwischen einer Frühinfektion (in den ersten 1 bis 3 Monate postoperativ) und einer Spätinfektion (nach 3 Monaten postoperativ).
Grundsätzlich besteht sowohl bei der Definition und den Diagnosekriterien, als auch bei der operativen und medikamentösen Therapie wenig Evidenz. Daher stellen therapeutische Entscheidungen häufig Individualentscheidungen dar, welche idealerweise in einem interdisziplinären Team aus Unfallchirurg:innen/Orthopäd:innen, Infektiolog:innen und Mikrobiolog:innen getroffen werden sollten.
Inhaltsverzeichnis
Klinisches Bild
Klinische Situationen
Die Häufigkeit der Infektion ist abhängig von der Lokalisation des Gelenkersatzes. In absteigender Reihenfolge sind am häufigsten Tumor/Megaendoprothesen, dann Ellbogenprothesen, Knieprothesen, zuletzt Hüft- und Schulterprothesen betroffen.
Darüber hinaus ist das Risiko operationsabhängig: Bei verlängerter Op-Zeit und nach Revisionsoperationen treten periimplantäre Infektionen häufiger auf.
Zu den patient:inneneigenen Risikofaktoren, die für eine Protheseninfektion prädisponieren zählen:
- Adipositas
- Diabetes mellitus
- Immundefekt/Immunsuppression
- Organinsuffizienz (v.a. Herz-/Leber-/Niereninsuffizienz)
- Malnutrition
- Perfusionsstörungen (pAVK, Lymphödem, CVI, Vaskulitis)
- Neuropathie
- Narben, (Strahlen)Fibrose
Leitsymptome
Das klinische Bild ist geprägt durch die klassischen Zeichen der Entzündung: Calor, Rubor, Dolor und Functio laesa, wobei bei chronischen Infektionen (den sogenannten low-grade Infektionen) auch nur ein Funktionsverlust vorliegen kann. Dann ist die Unterscheidung zwischen Infektion und aseptischer Prothesenkomplikation eine diagnostische Herausforderung.
Eindeutig infiziert ist eine Prothese bei sichtbarer Fistel zum Gelenk und bei Punktion von Pus aus der Gelenkhöhle.
Systemische Inflammationsparameter (Fieber, erhöhtes CRP) müssen nicht zwingend vorliegen und treten typischerweise bei akuten Infektionen mit hochpathogenen Erregern auf.
Eine Bakteriämie bei einliegender Prothese kann auf eine periimplantäre Infektion hinweisen.
Epidemiologie
Bei konstant zunehmenden Gelenkersatzoperationen und alternder Gesellschaft zukünftig häufiger zu erwarten.
Die periimplantäre Infektion ist die dritthäufigste Komplikation nach Gelenkersatz. Abhängig von der Lokalisation finden sich im Schnitt postoperative Infektionsraten in den ersten 2 Jahren von bis 2 %, nach Revisionsoperationen und Gelenkersatz an Schulter und Ellbogen zeigen sich höhere Infektionsraten, bei Megaprothesen sogar bis zu 20%.
Prognose
Die Prognose ist abhängig von dem operativen Vorgehen, dem mikrobiologischem Spektrum und den individuellen Patient:innenfaktoren. Grundsätzlich ist das funktionelle Resultat nach einzeitigem Wechsel besser als nach zweizeitigem Vorgehen.
Diagnostik
Diagnosekriterien
Eine standardisierte Definition gibt es nicht, sondern es existieren verschiedene Definitionskriterien zur periprothetischen Infektion unterschiedlicher Fachgesellschaften oder Konsensfestlegungen, welche sich nur minimal unterscheiden.
Nach Definition der Infectious Diseases Society of America (IDSA) von 2012 liegt eine periprothetische Infektion vor, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:
- Fistel zur Prothese
- Eitrige Entzündung
- Histologische Zeichen der akuten Inflammation
- Erregernachweis in mindestens 2 positiven intraoperativ oder präoperativ entnommenen Proben oder
- Bei hochpathogenen Erreger (u.a. bei S. aureus) auch 1 positive Probe ausreichend
Mindestens 4-6 Gewebeproben aus verschiedenen Lokalisationen sollten zur mikrobiologischen Kultur (aerobe und anaerobe Kultur) entnommen werden, idealerweise vor Beginn einer antiinfektiven Therapie, sowie mindestens eine histologische Probe.
Falsch-positive Ergebnisse sind durch Kontamination möglich, daher ist die Entnahme mehrerer Proben sinnvoll.
Ebenso kann es zu falsch-negativen Ergebnissen durch eine antiinfektive Vortherapie kommen.
Diagnostische Schritte
An laborchemischen Parametern sind Leukozytenzahl und CRP zur Diagnose insbesondere bei der akuten Form und zur Verlaufsbeurteilung hilfreich.
Bei Zeichen einer akuten Infektion, z.B. Fieber und/oder Sepsis oder Risikofaktoren für eine Bakteriämie (z.B. intravasalem Fremdkörper) sollten 2 Paar Blutkulturen aus verschiedenen Punktionslokalisationen entnommen werden.
Folgende Verfahren können die Diagnose eingrenzen oder beweisen:
- Konventionelles Röntgen in 2 Ebenen: Prothesenlockerung, Osteolysen, Verkalkungen
- Gelenksultraschall: Erguss
- CT oder MRT: bessere Beurteilung des umgebenden Gewebes, aber häufig artefaktüberlagert
- PET-CT oder weitere nuklearmedizinische Diagnostik selten notwendig, insbesondere bei low-grade Infektionen keine Zusatzinformation
Der Erregernachweis, welcher für die Therapie zwingend erforderlich ist, erfolgt über die Gelenkspunktion. Diese muss unter sterilen Bedingungen erfolgen, um eine iatrogene Erregerverschleppung zu verhindern.
Dabei darf kein Lokalanästhetikum ins Gelenk injiziert werden.
Das Punktat soll mikrobiologisch (Kultur und Gramfärbung) und zytologisch analysiert werden. Erhöhte Leukozyten-Zellzahlen im Punktat (in der Regel > 3000/ul) können als weiterer Baustein für eine Infektion hinweisend sein. Bis zu 3 Monate postoperativ und bei zugrundeliegenden entzündlichen Gelenkerkrankungen, z.B. rheumatoide Arthritis sind auch höhere Zellzahlen im Punktat möglich .
Zur Steigerung der Sensitivität sollte das Punktat in Blutkulturflaschen bebrütet werden, insbesondere bei längeren Transportzeiten.
Bei klinischem Verdacht kann eine Diagnostik auf Kristalle zur Differentialdiagnostik auf Gicht/Pseudogicht sinnvoll sein.
Bei fehlendem Erregernachweis kann eine molekulare Diagnostik (bakterielle 16s-rRNA-PCR und spezifische PCR auf S. aureus aus Punktat oder Gewebeproben) erwogen werden.
Notwendig ist eine ausreichend lange Bebrütungszeit der mikrobiologischen Proben bis 14d zur Detektion langsam wachsender Erreger.
Es kann ergänzend eine Sonikation der explantierten Prothese zur Erhöhung der Erregerausbeute erfolgen, aber eine erhöhte Kontaminationsgefahr ist bei der Interperation der Befunde zu berücksichtigen.
Neben den mikrobiologischen Proben, sollten auch immer histologische Proben standardmäßig entnommen werden, da diese zusätzliche Information zu Ursache und Diffentialdiagnostik der periimplantären Infektion liefern können. Bei der histopathologischen Untersuchung der explantierten Hüft- und Knie-Prothese wird die periprothetische Membran nach Morawietz et al. in 4 Typen unterteilt:
- Typ 1 abriebinduziert,
- Typ 2 infektiöser Typ,
- Typ 3 Mischtyp aus abriebinduzierten und infektiösen Typ,
- Typ 4 indifferenter Typ, nicht abriebinduziert, nicht infektiös.
Differentialdiagnosen
Vor allem die chronische Infektion (“Low-grade Infektion”) kann in Abgrenzung zur aseptischen Implantatkomplikation eine diagnostische Herausforderung darstellen, da diese häufig ohne typische Entzündungszeichen einhergeht. Selten kann auch eine Gicht Ursache der entzündlichen Veränderungen sein.
Erreger
Das Erregerspektrum ist abhängig vom Infektionsweg und Infektionszeitpunkt.
Zeitpunkt nach der Operation | < 3 Monate | > 3 Monate | Jederzeit |
---|---|---|---|
Art der Infektion | Frühinfektion | Verzögerte (low-grade) Infektion | Spätinfektion |
Infektionsweg | Perioperativ | Perioperativ | Hämatogen oder kontinuirlich übergreifend |
Klinische Symptome | Lokale Rötung, Überwärmung, Fieber, Schmerzen, Wunddehiszenz, Sekretion | Persistierende oder neu aufgetretene Schmerzen, Lockerung, Fistel | Akut oder subakut |
Häufige Erreger | Staphylococcus aureus, Streptokokken, Enterokokken | Koagulase-negative Staphylokokken, Cutibacterium acnes | Staphylococcus aureus, Escherichia coli, Streptokokken |
Therapie
Prothesenerhalt
Ein Prothesenerhalt ist möglich bei einer Symptomdauer von weniger als 3 Wochen, wenn keine Prothesenlockerung, eine zufriedenstellende Weichteilsituation und kein schwer zu behandelnder Erreger (s. Grafik 2) vorliegen.
Im Einzelfall kann selbst nach Diagnose eines schwer behandelbaren Erregers abhängig von weiteren Faktoren (u.a. Symptomdauer) auch ein Prothesenerhalt erfolgen.
Beim Versuch der prothesenerhaltenen Therapie muss ein gründliches Debridement erfolgen. Ein Wechsel der mobilen Teile der Prothese sollte - wenn immer möglich - angestrebt werden.
Postoperativ wird eine antiinfektive Therapie mit einer Gesamttherapiedauer von in der Regel 3 Monaten begonnen, siehe hierzu LINK Gezielte Antibiotikatherapie von Knochen- und Gelenkinfektionen.
Dieses Vorgehen wird im anglo-amerikanischen Sprachraum als DAIR = debridement antibiotics implant retention bezeichnet.
Prothesenwechsel
Ein Prothesenwechsel kann einzeitig oder zweizeitig erfolgen.
Ein einzeitiges Vorgehen mit Explantation der infizierten Prothese und Implantation einer neuen Prothese ist bei intakten Weichteilen abhängig vom Erregerspektrum möglich.
Ein zweizeitiges Vorgehen kann mit einem temporärem, ggf. antibiotikafreisetzendem Platzhalter durchgeführt werden. Je nach Zeitpunkt des Wiedereinbaus der neuen Prothese wird - abhängig vom Erregerspektrum und bisherigen klinischem Verlauf - zwischen einem kurzem Intervall (nach 2 Wochen) und einem langen Intervall (nach 6 Wochen) unterschieden.
Folgende Szenarien sind für das lange Intervall möglich:
- Reimplantation ohne Therapiepause, dann Gesamttherapiedauer von 3 Monaten
- Zweiwöchiges antibiotikafreies Intervall, gefolgt von einer erneuten Probenentnahme bei Reimplantation, dann Beendigung der Therapie bei sterilen Proben diskutieren
Nach der kürzlich erschienenen Studie von Bernard et al, 2021 besteht nun ein eindeutiges Votum zu einer Gesamttherapiedauer von 12 Wochen ohne vorzeitige Beendigung.
Grundsätzlich sollte die Indikation operativer Eingriffe zur diagnostischen Probenentnahme kritisch gestellt werden, um eine iatrogene Infektion bei insgesamt geringer Sensitivität zu vermeiden.
Die Evidenz für eine lokale antiinfektive Therapie ist gering.
Bei Wiedereinbau einer zementierten Prothesenvariante sollte ein qualitativ hochwertiger Knochenzement verwendet werden. Ein qualitativ hochwertiger Zement sollte möglichst unter Vakuum angemischt werden, damit keine Luftblasen enthalten sind und die Prothese optimal fixiert ist.
Derzeit zugelassene medizinische Knochenzemente mit Antibiotikazusatz erfüllen obige Anforderungen und enthalten immer Gentamicin in gering unterschiedlicher Dosis (zwischen 1-4%) und seltener als Zweitsubstanz Vancomycin oder Clindamycin.
Wenn ein mit Antibiotika versetzter Knochenzement verwendet wird, sollte ein Antibiotikum analog dem Erregerspektrum (v.a. Staphylokokken) gewählt werden.
Alternative Therapien
Bei Inoperabilität können alternativ palliative Konzepte zur Anwendung kommen:
- Lebenslange Girdlestone-Situation, d.h. eine Explantation ohne Reimplantation
- Operativ angelegte Fistel bzw. Erhalt spontan gebildeter Fistel
- Amputation als ultima ratio bei nicht zu sanierender Infektion
- Antiinfektive Suppressionstherapie
Kalkulierte Therapie
Es gilt: Erst die Diagnostik, dann die Therapie!
Wenn eine empirische Therapie erfolgte, dann dringliche Indikation zur Reevaluation und Anpassung dieser Therapie nach 72 h.
Eine Indikation zur sofortigen Therapie ist eine Sepsis, dann kalkulierte Therapie mit Piperacillin/Tazobaktam 4 x 4,5 g/d i.v. in Kombination mit Vancomycin i.v. (Datei:DGI:Infoblatt Vancomycin RGU.pdf) begonnen werden. Cave: Diese Kombinationstherapie birgt ein erhöhtes Risiko für ein akutes Nierenversagen.
Erregerspezifische Therapie
Die Therapie der periprothetischen Infektion sollte möglichst gezielt Erregerbezogen erfolgen.
Bitte bei allen Empfehlungen Resistenztestung beachten.
Erreger | Präferenz | Substanz | Dosierung | EinklappenKommentar |
Staphylococcus aureus
und andere Staphylokokken, Oxacillin-sensibel |
Intravenöse Initialtherapie
1. Wahl |
Flucloxacillin | 6 x 2 g i.v. | |
oder
Cefazolin |
3 x 2 g i.v. | |||
Alternative bei schwerer Allergie | Vancomycin | * | *Datei:DGI:Infoblatt Vancomycin RGU.pdf
** hohe Dosis off-label, Expertenmeinung | |
oder
Daptomycin |
1 x 8 – 10** mg/kg i.v. | |||
bei Fremdmaterial-assoziierter Infektion | plus
Rifampicin |
1 x 600 mg i.v. bzw.
2 x 450 mg p.o. |
wegen sehr guter Bioverfügbarkeit orale Gabe bevorzugen | |
alternativ
plus Fosfomycin |
3 x 5 g i.v. | |||
Orale Anschlusstherapie
ohne Fremdmaterial |
Cotrimoxazol | 3 x 960 mg p.o | Cave: wegen schlechter Bioverfügbarkeit orale Betalaktame meiden. | |
oder
Clindamycin |
3 x 600 mg p.o | |||
oder
Doxycyclin |
2 x 100 mg p.o. | |||
oder
Levofloxacin plus Rifampicin |
2 x 500 mg p.o.
plus 2 x 450 mg p.o. | |||
Orale Anschlusstherapie
bei Fremdmaterial-assoziierter Infektion |
Cotrimoxazol
plus Rifampicin |
3 x 960 mg p.o.
plus 2 x 450 mg p.o. |
möglichst keine Kombination von Rifampicin mit Clindamycin oder Linezolid | |
oder
Doxycyclin plus Rifampicin |
2 x 100 mg p.o.
plus 2 x 450 mg p.o. | |||
oder
Levofloxacin plus Rifampicin |
2 x 500 mg p.o.
plus 2 x 450 mg p.o. | |||
Staphylococcus aureus
und andere Staphylokokken, Oxacillin-resistent |
Intravenöse Initialtherapie | Vancomycin | * | *Datei:DGI:Infoblatt Vancomycin RGU.pdf
** hohe Dosis off-label, Expertenmeinung |
oder
Daptomycin |
1 x 8 – 10** mg/kg i.v. | |||
bei Fremdmaterial-assoziierter Infektion | plus
Rifampicin |
1 x 600 mg i.v. bzw.
2 x 450 mg p.o. |
wegen sehr guter Bioverfügbarkeit orale Gabe bevorzugen | |
alternativ
plus Fosfomycin |
3 x 5 g i.v. | |||
Orale Anschlusstherapie | s.oben | |||
Enterococcus spp.,
Ampicillin-sensibel |
Intravenöse Initialtherapie
1.Wahl |
Ampicillin | 6 x 2 g i.v. | |
Alternativen | Vancomycin | * | *Datei:DGI:Infoblatt Vancomycin RGU.pdf | |
oder
Daptomycin |
1 x 10 - 12 mg/kg KG i.v. | hohe Dosis off-label, Expertenmeinung | ||
Orale Anschlusstherapie | Amoxicillin | 3 x 1 g p.o. | ||
Enterococcus spp.,
Ampicillin-resistent |
Intravenöse Initialtherapie | Vancomycin | * | *Datei:DGI:Infoblatt Vancomycin RGU.pdf |
oder
Daptomycin |
1 x 10 - 12 mg/kg KG i.v. | hohe Dosis off-label, Expertenmeinung | ||
Orale Anschlusstherapie | Linezolid | 2 x 600 mg p.o. | Linezolid max. 28 Tage zugelassen | |
Streptokokken | Intravenöse Initialtherapie | Benzylpenicillin (Penicillin G) | 4 x 5 Mio I.E. i.v. | |
Orale Anschlusstherapie | Amoxicillin | 3 x 1 g p.o. | ||
Enterobakterien | Intravenöse Initialtherapie | Ampicillin | 6 x 2 g i.v. | |
Ceftriaxon | 1 x 2 g i.v. | |||
Orale Anschlusstherapie | Ciprofloxacin | 2 x 750 mg p.o | ||
Pseudomonas aeruginosa | Intravenöse Initialtherapie | Piperacillin | 4 x 4 g i.v. | Bei Pseudomonas-Infektionen immer hohe Dosis verwenden. |
oder
Ceftazidim |
3 x 2 g i.v. | |||
Orale Anschlusstherapie | Ciprofloxacin | 2 x 750 mg p.o. | ||
Candida spp.
|
Intravenöse Initialtherapie | Caspofungin | Tag 1:
1 x 70 mg i.v., danach: 1 x 50 mg i.v. KG ≤ 80 kg bzw. 1 x 70 mg i.v. KG > 80 kg |
|
Orale Anschlusstherapie | Fluconazol | Einmalig 1 x 800 mg p.o.,
weiter mit 1 x 400 mg p.o. |
||
Mycobacterium tuberculosis | Initialtherapie 2 Monate | Isoniazid (in Kombi mit Pyridoxin)
plus Rifampicin plus Pyrazinamid plus Ethambutol |
s. Dosierungsempfehlung Link Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose | |
Anschlusstherapie | Isoniazid (in Kombi mit Pyridoxin)
plus Rifampicin |
Bezüglich Substanz und Therapiedauer fehlten randomisierte Studien, die Empfehlungen beruhen auf den vorhandenen Leitlinien, die sich überwiegend auf Expert:innenmeinungen bzw. Ableitungen von ähnlichen Infektionsfoci beziehen. Eine erste randomisierte Studie aus 2021 favorisiert eine 12-wöchige Therapie (cave überwiegend DAIR).
Grundsätzlich ist eine Oralisierung der gezielten antiinfektiven Therapie nach 1 – 2 Wochen möglich. Wichtig hierfür ist, dass es eine wirksame Substanz mit guter Bioverfügbarkeit nach oraler Einnahme gibt und dass die orale Aufnahme und die Compliance gewährleistet sind.
Eine verlängerte i.v. Therapie ist bei bestimmten Erregern (u.a. Staphylococcus-aureus-Bakteriämie, Enterokokken, MRE, Candidämie) indiziert.
Bei Prothesenerhalt oder frühen Prothesenwechsel mit Staphylokokkennachweis erfolgt, wenn möglich eine Kombinationstherapie mit einem biofilmaktiven Antibiotikum, z.B. Rifampicin 2 x 450 mg/d p.o oder Fosfomycin 3 x 5 g/d i.v.
Bei zusätzlichem Nachweis einer Endokarditis sollte die Antibiotikatherapie entsprechend der Endokarditis-Leitlinien erfolgen und anschließend entsprechend der o.g. Empfehlungen zur Therapie der periprothetischen Infektion verlängert werden (s. orale Anschlusstherapie).
Prophylaxe und Prävention
Ein präoperatives Screening und anschließende Eradikation von nasalen S. aureus Trägern (sowohl MRSA, als auch MSSA) kann Wundinfektionen inklusive periprothetischer Infektionen verhindern.
Quellen
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